ABSCHIEDS-WIEDERSEHEN
Ich muss noch einmal zu dir kommen Um dir Adieu zu sagen. Der erste Abschied war uns nicht gelungen wir konnten nicht verstehen.
Seh ich dich wieder – tief benommen von den uralten Kampfestagen wo wir um Licht und Wegsamkeit gerungen und Kraft zum Weitergehn.
Sag welche Hand einander uns genommen wer steuerte durchs Abendrot den Wagen und jemand hat das Gloria dazu gesungen? Ich seh noch alle Sonnen untergehn.
Ich muss noch einmal zu dir kommen nach hundert langen Tagen und bin bei diesem Wiedersehn von Abschied machtbezwungen.
(1967)
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EINEN SCHRITT WEITER
Wir werden uns nicht viel zu sagen vermögen. Aber wir müssen uns wiedersehn. Wir werden dann noch fragen warum.
Erst beim Abschied werden wir's wieder wissen.
Einen Schritt sind wir weiter wenn wir das vorher sehen und nicht vergessen dass wir uns viel zu sagen haben.
(1972)
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HERBSTNEBEL FIEL
Herbstnebel fiel in unseren Sonnenpark übers vielfarbene Geheimnis die einmal gemeinsamen Wege. Wo Worte im Kreisen sich wiederfanden und Blicke spielen die Hasen Vergessen. Gut könnte Hoffnung gedeihen viel erbetene Frucht wäre der Abschied nicht leichtsinnig mitten in uns wäre nicht nächtens die Zweifelssaat unbewacht auf gärenden Boden gefallen.
(1972)
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KLAGE
Die Herbstparkschönheit tausendlichtgießend alleine schlürfen? Lieber sich selbst zutrinken überm Weinglas worin Tränen sich sammeln. Auf Wiesenmatten aber zerrinnen sie wie Nichts wie meine Gebete im Hain zwischen den Farbengeschenken und Hilferufe verhallen unter dem freundlich glatten Himmel mit Sphinxgesicht. Warum hast du mich verlassen? Und Gott du?
(1972)
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KLOPFEN AN WÄNDE
Das Ungesagte aus Schuld oder Schicksal überfällt jetzt wie immer auch nach den Stunden. Immer nachher scheint das Willkommen und Abschiednehmen Gefängnisbesuch von Zelle zu Zelle und anhebt ein Klopfen an Wände dass noch ein Wort entstünde das Ungesprochene ganz.
(1972)
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VORERST WEITERSTOLPERN
Fahren wohin ich nicht will rücklings zum Zuge den Blick auf Stunden die unsere waren und ewig und Zukunft versprachen.
Vorerst weiter stolpern von Augenblick zu Augenblick von Dunkel zu Helle zu Dunkel ...
(1972)
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IMMERABSCHIED
„So leben wir und nehmen immer Abschied.“ (R.M. Rilke, Achte Duineser Elegie)
Wieder Abschied - werd ich ihn lernen je oder du? Viel Nähe lebte und starb in welche Weite hinein?
Dass wir sterblich bleibt mir das Schwerste zu leben. Das Brückenbauen und -brechen Brückenbrechen wohin?
Mein Stirb-und-werde-Lied. Dass ich seiner Rhythmen mächtig und seines hohen Atems sicherer würde blieb soviel Trauer darin?
(1973)
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ABSCHIED SCHÖNBRUNN
Käuze schreien die Nacht. Am schönen Brunnen stirbt jemand. Zwei sind's und unsere Freundschaft die bittersüß langgereifte bis zur Vollendung bis wir am Ende die Worte fanden dass wir es nicht vermögen.
Das Immeramanfangstehen.
Tief ruht der Brunnen und schweigt winterlang.
(1975)
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GETRENNT
Ich liebe das Herbe wo es nach Sinn schmeckt. Dass du mich fortschickst als sei es Tanz die Arme das Herz zu befreien zu tieferem Wiederfinden.
Die Prachtstadt im Herbst schöntuend fremd geworden nach einem einzigen Sommer. Mit fallenden Blättern nass unter Alltagshasten den Abschied tausendfach sterben.
Die Blätter heimlich wechselnd mit dir eine Hoffnung bewahren. Einladen alles was trennt und Unzertrennlichkeit spüren. In Filmen noch spult das Wissen mit vom Ganzen Ungewissen.
Das Zittern bei allem und deines nicht spüren: ob wir uns nicht überheben und ob das Herbe noch Sinn schmeckt.
(1976)
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SONNTAGSNACHMITTAGSSTERBEN
Un être me manque, et le monde m'est dépeuplé. (Ein Wesen fehlt, und die Welt ist mir entvölkert.)
Die Wunde geliebter Mensch Jahre alt Will nicht heilen. Nicht Kurorte Wechselbäder samt Liebesbalsam bringen Vergessen oder die Heilung dich. Den Sonntagnachmittag sterbe ich unter Stadtgewittern bei Kaffee und Kuchen und unter Musik weiß wie du halb weißt und gleichsinnig sehnst weiß nicht den Virus zu nennen der fasziniert und fad macht. Aber weiß wie ein Todgeweihter Der unendlich zu schaffen Irgend die Kräfte sammelt.
(1978)
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ANKUNFT
Auch Ankunft gibt's
dann und wann.
Noch nicht bei mir
auf den Odysseen
doch heute wie gestern
bei dir.
(1980)
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KASSIBER
Mehr noch auf Reisen schlepp ich die Sehnsucht mit mir herum als meinen Verräter Henker und Foltersknecht.
Du weißt sie nur wenn du sie hast. Du hast sie nur wenn du sie weißt in deinem fremden Daheim.
(1980)
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VIELLEICHT
Vielleicht musste sein
dass wir uns gleich wieder trennten?
Vielleicht aber nicht?
Weißt du es besser als ich?
Dass wir das Dunkel bannten
In Augenblicken nach Mitternacht
Musste wohl einmal sein.
(1983)
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SICH TRAUEN
Sie trauen sich in kirchlichem Glanz. Wir trauen uns Weltlich oder auch nicht.
Gute Gründe haben wir allzu viele und nie genug. Sie reichen kaum uns wirklich zu trauen und auseinanderzugehen.
(1986)
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UND DENKE DEM TRAUME NACH
„Nun sitz ich hier alleine/ Und denke dem Traume nach." (W. Müller/F. Schubert)
Ich lebe mit dir in meiner Erinnerung. ich liebe dich in meiner Erinnerung. Ich tolle mit unseren Lieblingen in meiner Erinnerung. Ich streichle dein Haar Geliebte in meiner Erinnerung frischeglänzend sehe ich es über den buntwollenen Mantel fallen wie du schaukelnd zum Markt stakst in meiner Erinnerung. Ich lerne reiten auf deinem Pferd und wir lernen ein junges an bis wir zu zweit wettgaloppieren verjüngendes frisches Erleben in meiner Erinnerung.
Neuerdings lebe ich auf in Erinnerungen mit dir seit du fort bist Gott sein Dank endlich du Hexe! Irgendwann griff neidisch ein Todesgeist ein zuerst beim Lieblingstier wie verhext dann an unseren Worten und nun Aufleben in Erinnerung an ein Leben und eine Fee.
Scheinbar geht's lebend weiter mit nicht geringerer Hoffnung und freierem Geist mag sein doch ohne die Fee und die Tiere mit brandneuen Koffern von frischer Erinnerung voll eines Traumreisenden der trauerarbeitend sie lange noch umpackt brandvoll von Erinnerung.
(1987)
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VERWIRRUNG DER GEFÜHLE
Eine lockt mich. Eine lock ich. Eine liebt mich die fehlt auch mir
und eine vergesse ich nie nicht so bald nach dem Scheitern die wartet bestimmt auf ich weiß nicht worauf.
Mein Glück weiß ich nicht zu wählen aber das Unglück habe ich so lässig im Griff wie es mich. Und es drängt allemal.
(1987)
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WER IN DIE FREMDE WILL WANDERN
Wer in die Fremde will wandern, Der muss mit der Liebsten gehn. (J.v. Eichendorff)
Heimweh? Nie gekannt. Seitdem ich dich kenne und du zurückbliebst kenn ich auch das.
Fremdsein? Nie von Dauer. Seit wir vertraut sind trau ich die Heimischen nicht mehr zu bitten: Nehmt mich als einen von euch.
Glück? Ich glaubte daran solang ich es suchte. Seit ich den Saum berührte den Schatten spürte rückten tausend Straßen dazwischen. Und wenn uns sonst nichts trennt - welch ein Glück!
(1988)
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